Aphyllophorales News - Holzpilze - Porlinge - Rindenpilze

Dieser Blog stellt einige verbreitete, vorwiegend aber wenig bekannte und zum Teil seltene "Nichtblätterpilze" vor, die an Holz wachsen, und das in Wort und Bild. Die meisten Funde sind aus dem Großraum Frankfurt aber auch aus den Mittelgebirgen oder anderen Teilen der BRD.

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Location: Dribbdebach-Schwaanem, Südhessen

Tuesday, June 17, 2008

Skeletocutis amorpha – Orangeroter Knorpelporling

Nr. 67 – Fund aus dem Schwan-heimer Wald bei Frankfurt
In Kiefern-wäldern an totem Holz ziemlich häufig. Was man an Buchenholz als Art aus dem Antrodiella semisupina-onychoides-Komplex bestimmt (s. Post Nr. 9), entpuppt sich an Nadel- insbesondere Kiefernholz als Skeletocutis, meistens S. amorpha. Vom Aussehen her sind sich beide Arten – wenn auch nicht verwandt – durchaus ähnlich und man sollte schon das Holz richtig erkennen können.
Allerdings ist S. amorpha meist noch dünner und zarter als die beiden Laubholz-arten aus der Gattung Antrodiella. Die dünnen, meist effus-reflex und seltener resupinat wachsenden Fruchtkörper sind weiß bis cremeweiß und haben kleine, rundlich-eckige, auch längsgestreckte bis etwas labyrintische Poren – etwa 3 - 4 per mm. Die dünnen, welligen Hütchen stehen kaum mehr als 1cm, max. 2 cm vom Substrat ab und sind auf der Oberfläche feinfilzig, manchmal durch Algen etwas grünlich verfärbt. An senkrechtem Substrat können sie Reihen von dicht verwachsenen, kleinen Hütchen ausbilden. Die Ränder der resupinaten Flächen sind strahlig-faserig und auffällig breit steril.
Das auffälligste Merkmal der Art, ist die nach einiger Zeit auftretende, fleckige Verfärbung der Poren nach gelb-orange bis orangerot. Ältere Fruchtkörper können diesen Farbton dann über die ganze Porenschicht annehmen.
Die Porlingsfruchtkörper lassen sich leicht im Ganzen vom Substrat ablösen, sind aber in sich selbst zäh, gelätinös und auch mit einem Messer - besonders im angetrockneten Zustand - nur mit Widerstand durchzuschneiden.
Ursächlich hierfür ist die Duplexstruktur der Trama, welche aus einer hornartig gedrängten, Hyphenschicht sowie einer weiteren, eher locker angeordneten Schicht aus Hyphen besteht. Getrocknet werden die FK dann schnell hart und spröde, zerbrechen bröckelig und Rasierklingen werden beim Anschneiden schnell stumpf. Mikroskopisch sind neben dem typischen Gattungs-merkmal (fein inkrustierte Hyphen in den Poren-mündungen) noch die 3 – 4 x 1,3 – 1,8 µ messenden, zylindrischen und leicht gekrümmten, farblosen Sporen zu erwähnen.
S. amorpha hat – neben den erwähnten Laubholzarten - einen gar nicht so seltenen Doppelgänger, der mit ihr am gleichen Stamm wachsen kann. Dies ist Skeletocutis carneogrisea, der Fleischgraue Knorpelporling, der sich durch fehlende Orange-Rotverfärbung und abweichende Mikromerkmale unterscheidet. Er wurde von mir bereit als Post Nr. 34 im Blog ausführlich vorgestellt. Diese Art kann auch sehr kräftige fleischfarbene Poren aufweisen, hat allerdings niemals die Orange-Töne wie S. amorpha.
Einen sehr guten Vergleich beider Arten findet man übrigens in den Westfälischen Pilzbriefen von 1983. Darüber hinaus gibt es noch eine ganze Reihe von dünnen, weißen und resupinaten Porlingen, u.a. in den Gattungen Skeletocutis, Antrodia, Antrodiella und Oligoporus.
Eine ausführliche Studie über die Gattung Skeletocutis findet man bei David: D a v i d , A. (1982) : Etude monographique du genre Skeletocutis (Polyporaceae) - Naturaliste canad . (Rev. Ecol . Syst.) 109
Der Orangerote Knorpelporling ist in den Kiefernwäldern des Rhein-Main-Gebietes eine relativ häufige und aufgrund seiner Verfärbung leicht bestimmbare Art.
Außer an Kiefer kommt er auch an anderen Nadelhölzern, in Süddeutschland insbesondere an Tanne vor, wenn auch seltener. Krieglsteiner (2000) erwähnt in der Pilzflora Baden-Württembergs auch einige Laubholzfunde. Die abgebildeten FK wurden im Januar 2009 südlich von Frankfurt an Kiefernstümpfen und Stämmen fotografiert.

Veluticeps abietina - Bläulichgrauer Fichtenschichtpilz

Nr. 66 – Fund aus dem Oberallgäu
Montan und submontan verbreitete, aber nur sehr zerstreut und eher selten vorkommende Art an Fichte und Weißtanne; besonders im Harz, Fichtelgebirge, Bayrischen Wald, Schwarzwald und im Alpen- und Voralpenraum. Sonst eher selten. In Hessen vermutlich noch nicht nachgewiesen, aber in höheren Lagen der Mittelgebirge denkbar.
Der Pilz ist den Rindenpilzkennern vermutlich eher unter dem (synonymen) Gattungsnamen Columnocystis Pouzar bekannt. Er überzieht gerne die Schnittflächen und Stämme alter, liegender und entrindeter Fichten- und Weißtannenstämme oder deren Stümpfe mit dünnen, zähen, blau-grauen, ca. 1 – 3 mm dicken, leicht welligen Belägen, welche im oberen Bereich kleine, ca. 0,5 - 1 cm abstehende, hütchenförmige Kanten aufweisen. Deren Oberfläche ist grob feinfilzig-haarig besetzt; die Kante oft heller bräunlich. Unter der Lupe wirkt die blaugräuliche Oberfläche des Hymeniums velutin, was seine Ursache in den vielen, langen und aus dem Hymenium herausragenden, gleichmäßig zylindrischen, feininkrustierten Zystiden bzw. Pseudozystiden hat. Diese sind übrigens das sichere mikroskopische Abgrenzungsmerkmal gegenüber ähnlichen Arten, wie z.B. aus der Gattung Amylostereum, welche kräftig inkrustierte Lamprozystiden und kleinere Sporen besitzen oder Chondrostereum purpureum (Violetter Schichtpilz), der fast nur an Laubholz vorkommt und neben seinen typischen blasenförmigen Zystiden auch brennhaarförmige Leptozystiden haben kann.
V. abietina ist mehrjährig und daher in ihrem tabakbraunen Context meist deutlich geschichtet. Ältere Exemplare sind meiner Erfahrung nach aus der Hand – im Gegensatz zu den hier vorgestellten jungen Fruchtkörpern – nicht gut zu bestimmen, und eine mikroskopische Kontrolle wird unerlässlich. So sind auch die Abbildungen in "Pilze der Schweiz Band II" nicht typisch und daher eher verwirrend. Eine ausführliche Beschreibung der Art und ihren Doppelgängern findet man bei H. Jahn in den Westfälischen Pilzbriefen Heft 4 -7 von 1971.
Die im Blog abgebildeten FK wurden im Januar 2009 im Oberallgäu bei Oberstdorf an einem morschen Fichtenstamm nahe der Iller fotografiert.

Antrodia malicola - Hellbräunliche Tramete

Nr. 65 – Funde aus dem Rhein-Main-Gebiet
Sehr seltene, und häufig nicht erkannte Art. Antrodia malicola korrekt anzusprechen, scheitert oft an ihrer Vielgestaltigkeit. Bildet sie flache, hütchenförmige Fruchtkörper aus, denkt man erst einmal an eine Tramete, z.B. T. multicolor oder an untypische T. versicolor. Viel häufiger wächst sie aber effus-reflex, mit nur kurzen, dreieckigen, zusammenfließenden Hüten oder auf der Unterseite von Stämmen resupinat. Hier kann sie große Ähnlichkeit mit der Reihigen Tramete (A. serialis), der Münzen-tramete (A. ramentacea) oder dem Balkenblättling (G. trabeum) haben, welche allerdings nur an Nadelholz wachsen.
Im Gegensatz zu den echten Trameten verursacht A. malicola eine Braunfäule. Sie wächst bei uns nur auf Laubholz, wobei ich den in der Literatur häufig verwendeten Namen Apfelbaumtramete bewusst nicht gebrauche. Alle meine Funde wuchsen auf Buche, Hainbuche, Pappel und Ahorn und auch andere Finder (s. Pilzflora BW Band I.) erwähnen Malus nicht. Ich fand die Art in großen, mehrjährigen Abständen mehrere male im wärmeexponierten Rhein-Maingebiet, und zwar immer an der Seite liegender Stämme und deren Ästen und Ästchen.
Die Farbe trockener Fruchtkörper schwankt zwischen einem blassen ockerbraun bis kräftigem Hellbraun, und zwar in allen Teilen (Poren, Röhren, Context, Hutoberfläche). Auffällig sind auch die ziemlich großen, rundlich-eckigen Poren mit Maßen von 1 -2 pro mm. Die Oberfläche ist anfangs feinsamtig, verkahlt aber schnell. Mikroskopisch kann man A. malicola an ihren langelliptischen, zylindrischen Sporen mit Maßen von 7,5 – 11 x 2,5 – 3 µ eingrenzen. Die Sporen ähnlicher Trameten s.l. sind kürzer und schmäler.
Das Hyphensystem ist dimitisch mit trimitischem Aspekt, was bedeutet, dass generative Hyphen in der Trama, verzweigen und Bindehyphen ähnlich sehen können. Eine ausführliche Studie mit detaillierten Beschrei-bungen – auch zu den Mikro-merkmalen - findet man bei H. Jahn in den Westfälischen Pilzbriefen, Heft 8a von 1983. Er beschreibt A. malicola als eher südliche Art, die in Europa, Asien und Nordamerika vorkommt. In der BRD wurde die Art bisher wenig gefunden. Krieglsteiner (Kartierung 1990) nennt nur sehr wenige Funde in Nordrheinwestfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Bayern.
Die abgebildeten FK wurden im Sommer 2004 in der Frankfurter Innenstadt an entrindeter Pappel sowie im Herbst 2008 im Schwanheimer Wald bei Kelsterbach - sehr üppig wachsend - an toter Hainbuche fotografiert.

Laetiporus sulphureus - Schwefelporling

Nr. 64 – Funde aus dem Rhein-Main-Gebiet
Ziemlich häufige und verbreitete Art an Laubhölzern, vorwiegend Eiche. Der Schwefelporling ist, zumindest im frischen Zustand, aufgrund seiner Farbe unverwechselbar. Seine leuchtend zitronengelben Knollen brechen bereits im Frühjahr bis zum Frühsommer aus der Rinde befallener Laubhölzer hervor und bilden sich in wenigen Tagen zu großen, fächerförmigen und dachziegeligen Fruchtkörpergruppen von 30 cm und mehr aus. Von der Wuchsform her erinnert die Art daher an den Riesenporling (Nr. 53). Von der Mitte her verfärben sich die flachen Hüte dann sehr schnell in Zonen und oder gänzlich orangerot, wobei der Hutrand und die Porenunterseite ihre gelbe Farbe beibehalten.
Die Fruchtkörpergruppen können gigantische Ausmaße annehmen und bis zu mehrere Meter hoch an den befallenen Stämmen wachsen. Bisweilen bildet die Art auch sehr monströse, kaum kenntliche FK aus. Vor vielen Jahren fand ich sie einmal als gelben, kinderkopfgroßen, rundlichen Klumpen ohne Poren an einem Obstbaum.
Im Alter, d.h. nach 1 oder 2 Monaten wird der Schwefel-porling dann blass, rosaweißlich bis gelbweißlich. Er fängt dann an zu zerbröckeln und im Spätherbst findet man dann diese weißen, schafskäseartigen Brösel noch in Resten am Stamm oder darunter auf dem Boden. Selbst im Winter und im Frühjahr kann man diese noch an den befallenen Hölzern entdecken.
Im Übrigen ist L. sulphureus ist ein gefährlicher Holz-zerstörer, der in bereits geschwächten Stämmen oder an Totholz eine aggressive Braunfäule (Würfelfäule) verursacht.
Neben der Eiche (Haupt-substrat) kommt er auch an Weide, Pappel und Wildkirsche gehäufter vor. Sehr selten sind auch Funde an Nadelholz belegt. Man findet den Schwefelporling in Laubwäldern, aber auch in Parks, Gärten, an Straßenrändern usw. Die gelben Poren des Pilzes sind klein (4 - 5 per mm) und mit dem bloßen Auge kaum erkennbar. Der Schwefelporling ist bedingt essbar. Junge, knollige Fruchtkörper sind oft weich, und leicht mit dem Messer durchzuschneiden. In diesem Zustand sind diese als Bratpilze essbar und auch recht schmackhaft, vorausgesetzt, sie sind nicht bitter. Eine kurze „Leckprobe“ ist auch bei jüngeren Exemplaren empfehlenswert. Ältere Exemplare sind dagegen zäh und schwer verdaulich.
Es gibt (unbelegte) Hinweise, wonach Exemplare von Eibe – ohnehin sehr selten – u.U. generell giftig sein könnten. Rohe Exemplare gelten auf jeden Fall als giftig, da sie Hämolysine (Stoffe welche die roten Blutkörperchen auflösen) enthalten. Um diese unschädlich zu machen, sollten Bratpilze mindestens 10 Minuten und bei 80° erhitzt werden.
Normalerweise ist der Schwefelporling leicht zu erkennen. Ältere oder untypische FK bereiten aber u.U. Bestimmungsprobleme. Der ockerbräunliche Riesenporling, welcher vom Aussehen recht ähnlich sehen kann, hat keine zitronengelben oder orangenen Farbtöne und schwärzt bei Druck nach einiger Zeit.
Ein im Zweifelsfall absolut sicheres, mikroskopisches Bestimmungsmerkmal (z.B. für Exikkate) findet man letztendlich bei den Bindehyphen, welche auffällige, rechtwinklige Abzweigungen (so genannte Leiterhyphen) aufweisen.
Die vorgestellten Fotos wurden im Juli und August 2008 im Schwanheimer Wald von Frankfurt und im NSG Mönchbruch bei Mörfelden fotografiert.

Hapalopilus nidulans - Zimtfarbener Weichporling

Nr. 63 – Funde aus dem Rhein-Main-Gebiet
Nicht gerade häufige, aber in den Laubwäldern und an den Waldrändern in den Hasel-Weiden-Gebüschgesellschaften verbreitete Art. Der Zimtfarbene Weichporling ist ein kleiner bis mittelgroßer, ca. 3 – 10 cm großer Porling, den man bei uns am ehesten an morschen Ästen von Eiche, Buche, Hasel und Weide finden kann. Er wächst darüber hinaus auch an einer Vielzahl von anderen Laubhölzern; im süddeutschen Raum kommt er gelegentlich an Nadelholz, vor allem Weißtanne, vor. Die eher dicklichen Fruchtkörper können sehr unregelmäßig geformt sein. Man findet klumpige, konsolenförmige bis dachziegelige Exemplare, aber auch so genannte „Astkriecher“, welche sich unter das Substrat herumziehen. Junge, frische FK sind sehr weichfleischig (Weichporling). Die arttypische Farbe ist ein in allen Teilen der FK gleichmäßig „blassocker-milchkaffee-zimtbraun“. Nicht selten findet man an den Frucht-körper-rändern und an verletzten Stellen auch einen violettlichen Schimmer, ein Merkmal, was sich durch das Betupfen von Laugen noch erheblich verstärken lässt. H. nidulans verfärbt sich durch einen Tropfen Lauge, z.B. Kalilauge (KOH), nämlich kräftig pink-violettfarbig, und ist hierdurch deutlich von anderen Porlingsarten unterschieden.
Ursächlich hierfür ist ein Farbstoff des Pilzes, die (giftige) Polyporsäure, welche bis zu 20% des Trocken-gewichtes ausmachen kann.
Die FK des Zimtfarbenen Weichporlings wachsen eher einzeln, oder zu 2er oder 3er Gruppen und sind abgetrocknet auffällig leicht. Die Oberfläche ist matt, anfangs sogar filzig; etwa 2 – 4 der rundlichen Röhren misst man pro mm.
Die Art ist durch ihren hohen Anteil an Polyporesäure giftig, und kann – insbesondere bei Kindern - gefährliche Vergiftungen verursachen. So sehr neu ist die Kenntnis über die Giftigkeit von H. nidulans übrigens nicht. Herrmann, Langner und Bauer et. al berichten im Mykologischen Mitteilungsblatt (32 v. 1989) über Vergiftungsfälle aus den Jahren 1985 und 1986. Diese Erkenntnis hat bisher leider kaum Eingang in die volkstümliche Pilzliteratur gefunden.
Auffällig bei der Vergiftung ist die lange Inku-bationszeit, welche bis zu 12 Stunden und mehr beträgt. Die Erkrankten klagten über Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen usw. und bekamen Nieren- und Leberprobleme. Ihr Urin verfärbte sich violett. Allerdings ist es schon erstaunlich, warum und wie man solche Porlinge überhaupt kulinarisch verwertet. Die Gefährlichkeit des Pilzes ist daher als sehr gering einzuschätzen.
Die Weißfäulegattung Hapalopilus, welche in Mitteleuropa mit noch 2 weiteren, sehr seltenen Arten vertreten ist, gehört in den weiteren Verwandtschaftskreis der Saftporlinge. Mikroskopisch ist sie daher durch monomitisches Hyphensystem und farblose, kleine, kaum mehr als 5 µ lange, elliptische Sporen gekennzeichnet. Verwechseln kann man sie vor allem mit dem Braunfäuleporling Antrodia malicola, eine sehr seltene, effus-reflexe bis pileate, kleine Laubholzart, die ihr in der Farbe recht nahe kommen kann. Weiterhin sind Verwechslungen mit alten, ausgeblassten Exemplaren des Zinnoberschwamms (siehe Post Nr. 38 ) denkbar.
Die einzigartige, pinkviolette Farbreaktion mit Laugen legt die Art klar fest (es funktioniert hilfsweise auch mit Seife, wobei die Verfärbung eher ein violett-braun darstellt).
Die abgebildeten FK wurden im Juli 2008 im Schwanheimer Wald bei Frankfurt und im August 2008 bei Mörfelden im NSG Mönchbruch fotografiert.

Steccherinum bourdotii - Rundsporiger Resupinatstacheling

Nr. 62 – Fund aus dem Rhein-Maingebiet
Nicht gerade häufige, aber in geeigneten Biotopen verbreitete, wenig bekannte und meist übersehene Art. Fast ausschließlich an Laubholz. Dieser kleine, unscheinbare effus-reflex bis resupinat wachsende Stachelrindenpilz kann - wenn hutbildend - von weitem leicht für ein Stereum gehalten werden. Schaut man sich die orangefarbende Unterseite etwas genauer mit der Lupe an, fallen schnell die kleinen, dünnen Stacheln auf, welche das Hymenophor bilden, und man ist geneigt, den Fund als das häufige St. ochraceum, also den „Ockerrötlichen Resupinatstacheling“ zu bezeichnen. Man sollte etwas genauer hinsehen, denn die feinen Stacheln sind meist kräftiger und dunkler gefärbt als bei dem helleren St. ochraceum und darüber hinaus deutlich länger. Entgegen den Literaturangaben finde ich ihre Farbe eher rosabräunlich und nicht orange.
Die pfriemlichen, z.T. leicht plattigen Stacheln von St. bourdotii können bis zu 4 mm lang werden, und damit fast 3 x so lang wie bei St. ochraceum. Jeglichen Zweifel beseitigt die Kontrolle der Sporen, welche ei- bis rundförmig sind und bis zu 5 µ lang und 4 µ breit werden können. Die Sporen von St. ochraceum sind dagegen schmalelliptisch und messen 3 – 4 x 1,8 - 2,5 µ. Wie alle Arten der Gattung Steccherinum besitzt auch diese stark inkrustierten, dickwandigen Pseudozysten welche bogig aus den Stacheln herauswachsen.
Wir fanden die Art bereits Anfang der 90er Jahre südlich des Mains an Erle und anderen Laubhölzern, immer entlang der Bachläufe und in den Auenwäldern. Auch im Rhein-Neckar-Raum gilt sie als verbreitet (mündl. Mitteilung U. Sauter).
Diesen kleinen Stachelrindenpilz nach der Literatur korrekt zu bestimmen ist gar nicht einfach, da es in dieser Gruppe eine Fülle von nomenklatorischen Wirren und Falschinterpretationen gibt. Die Art wurde früher als St. robustinus, dann als St. dichroum sensu Bourd. & Galz. bezeichnet. Hermann Jahn (s. Pilze die an Holz wachsen – Nr. 74) kannte sie gut, hielt sie aber, der Auffassung von Maas-Geesteranus folgend, identisch mit der amerikanischen St. laeticolor (Berk. & Curt.) Banker, was aber nicht korrekt ist, da diese in Europa vermutlich gar nicht vorkommt. Was im Jülich (Kryptogamenflora II b/1) ebenfalls fälschlicherweise als St. laeticolor bezeichnet wird, ist nichts anderes als St. bourdotii. Bei den „Corticiaceae of North Europe Vol. 7“ von J. Erikkson fehlt die Art oder wurde mit St. robustinus vermengt.
Eine ausführliche, interessante Studie zu der Gruppe und ihren Wirrungen veröffentlichte Dr. Helga Große-Brauckmann 1986 in der Z.f.M – 52 (2). Sie nennt sie mangels korrektem, gültigem Namen noch S. dichroum sensu Bourd. & Galzin. In der Cryptogamie/ Sekt. Mycologie von 1988 beschreiben Saliba & David sie dann endgültig unter dem aktuell gültigen Namen St. bourdotii.
Wer eine aktuelle und korrekte Übersicht incl. Schlüssel zu der Gattung sucht, ist derzeit bei der Großpilzflora Baden-Württembergs Band 1 am besten aufgehoben, wobei die dortige Abbildung nicht sehr typisch ist. Ein schöneres Foto findet man in der Datenbank von http://www.pilzbestimmung.de/ .
Erwähnt werden sollte, dass St. robustinus - von Krieglsteiner mit St. bourdotii synonymisiert - von Saliba & David weiterhin als selbständige Art geführt wird.
Dies wird die Bestimmung von entsprechenden Kollektionen zukünftiger nicht einfacher machen.
Den von Bollmann, Gminder und Reil (Abbildungsverzeichnis europäischer Großpilze) gewählten deutschen Namen „Kleinsporiger Resupinatstacheling“ halte ich im Übrigen für wenig glücklich, da die Sporen von St. bourdotii größer sind, als die der meisten, restlichen Arten der Gattung.
Die abgebildeten Fruchtkörper wurden im Juni 2008 im Schwanheimer Wald bei Frankfurt an einem morschen Kirschbaumstamm fotografiert.

Fomitopsis pinicola – Rotrandiger Baumschwamm

Nr. 61 - Funde aus dem Rhein-Maingebiet und Nordhessen
Häufige und verbreitete Art an Nadelholz, meist Fichte; aber auch an diversen Laubhölzern. In älteren Pilzbüchern wird die Art daher gerne „Rotrandiger Fichtenschwamm“ genannt, obwohl sie – allerdings weniger häufig - auch an Laubbäumen, bevorzugt Buche, Birke und Erle vorkommt. Neben dem Zunder-schwamm ist es wohl der häufigste, mehrjährige Großporling in unseren Wäldern. In den Fichtenwäldern Süddeutschlands, dem Böhmer- und Bayrischen Wald, den Alpen aber auch in den Mittelgebirgen ist er überall anzutreffen und kann dort aspektbildend knochenharte, konsolenförmige Hüte bis zu einer Breite von 30 cm und mehr ausbilden. Nach Norddeutschland hin werden die Funde zerstreuter.
In Form und Farbe ist die Art sehr vielgestaltig und je nach Altersstufe kann man sie mit anderen, ähnlichen Porlingsarten daher leicht verwechseln. Die FK brechen als kleine, harte weiße Knollen aus der Rinde heraus und verfärben sich dann von Ansatz her ockergelblich bis orange. In diesem Zustand sind die Hüte an den weißen Rändern gerne dicht mit farblosen Guttationströpfchen besetzt und haben einen sehr strengen, unangenehm säuerlichen Geruch. Die Oberfläche wird dann zunehmend mit einer dünnen, harzigen Kruste überzogen, die ähnlich wie bei einigen Lackporlings-arten (Ganoderma), durch Hitze (Streichholz) löslich gemacht werden kann. Sie wird klebrig, wie eine leicht ange-trocknete Schicht von farblosem Lack. Die Hüte sind dann glänzend,wie frisch lackiert.
Nach und nach wird der Pilz von der Ansatzstelle her rot, dunkelrotbraun bis grau-schwärzlich. Der orangerote Rand ist jetzt deutlich ausgeprägt, wird aber im Laufe der Zeit schmäler und ist bei älteren Exemplaren dann nur noch als dünne Randlinie erkennbar, wobei die aktive Zuwachskante immer weißlich gefärbt bleibt.
Die Röhren sind – ebenso wie die Huttrama - hell-cremegelblich bis ockerfarbig; die runden, feien Poren messen ca. 3 – 6 per mm. Im Holz ruft der sowohl parasitisch als auch saprophytisch wachsende Rotrandige Baumschwamm eine intensive „Würfel-Braunfäule“ hervor. Baumstämme und Stümpfe werden von ihm ebenso befallen, wie verbautes Holz (Lawinensperren, Holzbrücken usw.)
Mikroskopisch ist F. pinicola durch elliptische, fast tropfenförmige Sporen mit einer Länge bis zu 8 μ und trimitischem Hyphensystem mit Schnallen festgelegt. Die Sporen sind farblos, und überpudern bei Reife gerne etwas die Hutoberfläche.
Je älter die Fruchtkörper werden, umso mehr können sie dann einem Zunder-schwamm (F. fomentarius) ähnlich sehen (siehe Abbildung 7 und den Link zum: Aquarell von Hermann Jahn), mit dem sie an Laubholz (Buche und Birke) nicht selten am gleichen Stamm wachsen. Dieser hat doppelt so große Sporen und keine bei Hitze schmelzende Harzkruste. In Zweifelsfällen –was nicht selten vorkommt - testet man ein Fragment der Hutoberfläche mit KOH. Nur beim Zunder-schwamm ergibt dies eine auffällige blutrote Verfärbung durch den hierdurch gelösten Farbstoff Fomentariol (nach Arpin, Favre-Bonvin & Steglich 1974).
Weitere Verwechslungen sind bei jüngeren Fruchtkörpern auch mit den braunsporigen Harzporlingen Ganoderma pfeifferi und resinaceum möglich.
Im Alpenraum und Voralpenland gibt es übrigens noch eine viel seltenere, kleinere Fomitopsisart. Dies ist F. rosea, der „Rosenrote Baumschwamm“. Er besitzt jung rosafarbige Poren und auch eine z.T. ebensolche Hutoberfläche.
Die hier abgebildeten Fruchtkörper wurden Anfang 2008 im Taunus, bei Mörfelden und in Nordhessen sowie 2002 in Frankfurt Schwanheim fotografiert. Sie stammen von Fichte und Erle.